Warum scheitern ERP-Projekte wirklich?
- Stefan Radau
- 9. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Ein Erfahrungsbericht aus der Praxis für alle, die keine Zeit für Märchen haben.
Einleitung: Zwischen Vision und Frust
Sie haben sich für ein ERP-Projekt entschieden. Vielleicht mit Comarch ERP, vielleicht mit einem anderen System. Was als großer Schritt in Richtung Digitalisierung begann, fühlt sich jetzt an wie ein Dauerlauf ohne Ziel. Meilensteine verrutschen, das Team ist überlastet, Entscheidungen bleiben aus – und langsam wächst die Sorge: Kippen wir gerade das ganze Projekt?
Wenn Sie sich darin wiedererkennen, sind Sie nicht allein. Ich begleite seit über zehn Jahren mittelständische Unternehmen bei ERP-Einführungen – und habe erlebt, woran Projekte scheitern. Und vor allem: Woran sie nicht scheitern.
1. Es liegt (fast) nie an der Software
Natürlich: Kein ERP-System ist perfekt. Auch Comarch hat seine Eigenheiten. Aber in den seltensten Fällen liegt das Scheitern am Produkt selbst. Viel häufiger erlebe ich Projekte, die auf halber Strecke hängenbleiben, weil:
die Ausgangslage unklar ist,
die Erwartungen nicht abgestimmt wurden,
oder schlicht niemand die Verantwortung übernimmt.
Die Software ist am Ende nur ein Werkzeug. Und ein Werkzeug funktioniert nur, wenn man weiß, was man damit tun will – und wie.
2. Der blinde Fleck: Unternehmensprozesse
Was mich immer wieder erstaunt: Wie wenig Klarheit in Unternehmen über die eigenen Prozesse herrscht – und wie sehr das unterschätzt wird.
Ein Beispiel: Ein mittelständischer Händler wollte mit Comarch ERP durchstarten. Im Pflichtenheft stand sinngemäß „Abbildung der Prozesse wie bisher“. Klingt erstmal harmlos – war es aber nicht. Denn: Niemand konnte wirklich erklären, wie „wie bisher“ aussah. Es gab fünf verschiedene Excel-Listen, drei widersprüchliche Aussagen aus der Fachabteilung und null dokumentierte Standards.
Ergebnis: Chaos bei der Konfiguration, Missverständnisse mit dem Dienstleister – und eine Projektverzögerung von vier Monaten.
3. Verantwortung wird zu oft delegiert
Ein Projektleiter ist bestellt – oft sogar extern. Doch anstatt klare Entscheidungen zu treffen, wird Verantwortung hin- und hergeschoben:
Die IT verweist auf die Fachbereiche.
Die Fachbereiche auf die Geschäftsführung.
Und die wiederum auf den Projektleiter.
Was dabei verloren geht: Verbindlichkeit. Ohne klare Rollen, Zuständigkeiten und Entscheidungswege fährt jedes Projekt früher oder später gegen die Wand.
4. Menschen bleiben außen vor
ERP-Projekte verändern nicht nur Systeme, sondern auch den Arbeitsalltag. Wer das ignoriert, bekommt früher oder später Gegenwind – oder einfach nur Schweigen.
Ich erinnere mich an ein Projekt, bei dem das neue System den Einkauf zentralisieren sollte. Klingt effizient, war aber für das Team vor Ort ein Kontrollverlust. Kein Gespräch, keine Einbindung – und das System wurde zwar eingeführt, aber nie wirklich genutzt.
Wenn Veränderung gelingen soll, brauchen Menschen Orientierung. Und das beginnt mit Kommunikation – nicht mit einem Go-Live-Termin.
5. Tempo ersetzt keine Richtung
Einer der häufigsten Fehler: Projekte starten, bevor die Grundlagen geklärt sind. Frei nach dem Motto: „Lass uns einfach mal anfangen, wir finden unterwegs schon raus, wie’s läuft.“
Das mag bei agiler Softwareentwicklung funktionieren – bei ERP-Einführungen ist es ein Rezept für Frust.
Ein klarer Projektplan, definierte Ziele, ein sauberer Datenhaushalt – das klingt nach Aufwand. Ist es auch. Aber es spart am Ende Monate. Und Nerven.
Was wirklich hilft
Aus meiner Sicht braucht ein erfolgreiches ERP-Projekt drei Dinge:
Klarheit – über Prozesse, Ziele und Erwartungen.
Struktur – in der Projektsteuerung, in der Kommunikation, in der Entscheidungsfindung.
Menschlichkeit – weil kein System erfolgreich ist, das von den Menschen nicht getragen wird.
Ich bin überzeugt: Es geht nicht darum, alles perfekt zu machen. Sondern darum, ehrlich hinzuschauen, Verantwortung zu übernehmen und die richtigen Fragen zu stellen – auch wenn sie unbequem sind.
Fazit: ERP ist kein IT-Projekt
Es ist ein Transformationsprojekt. Ein Balanceakt zwischen Technik, Prozessen und Menschen. Und es braucht jemanden, der nicht nur moderiert, sondern auch mit anpackt. Der Klartext redet, wenn es unklar wird. Und der das Projekt mit Herz und Verstand begleitet.
Bereit, es besser zu machen?
Wenn Sie gerade in einem ERP-Projekt stecken – oder den Start noch vor sich haben – lassen Sie uns sprechen. Ganz unverbindlich. Vielleicht passt es, vielleicht nicht. Aber Klarheit bringt es auf jeden Fall.
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